Unternehmerisch nachhaltige Lieferketten
Am Beispiel ChinaMIRIAM FRITZ
Leseprobe aus “Erfolgreich im Ausland – Ein Leitfaden für den Mittelstand.”
Lieferketten im Fokus des Unternehmens
Verstöße gegen Umweltschutz oder Arbeitssicherheit sind mögliche externe Gründe für den Wegfall von Lieferanten. Viele Unternehmen erfüllen nur die nötigsten Auflagen oder treffen explizite oder stillschweigende Vereinbarungen mit den zuständigen Behörden. Das wird besonders dann riskant, wenn die Anforderungen steigen oder die Ansprechpartner wechseln.
Lieferanten-interne Gründe für Lieferunterbrechung sind z.B. der Wechsel des Kundenbetreuers oder ein neuer Entscheidungsträger, dem das Einkaufsvolumen oder -wachstum des deutschen Kunden nicht groß genug ist. Auch die Vorbeugung dieser Probleme ist eine Frage der unternehmerischen Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit und CSR
Die dortigen zivilgesellschaftlichen Akteure können Informationen per Internet schnell und direkt weltweit verbreiten. Seit neustem steigt auch das lokale Bewusstsein der Bevölkerung in den Produktionsländern, da sich deren Umweltbedingungen zum Teil rapide verschlechtert haben.
Positiv ist der beginnende Trend hin zu nachhaltigem Unternehmertum in vielen Produktionsländern. Zum Beispiel beginnen chinesische Unternehmer, Nachhaltigkeit und solide Werte als Wettbewerbsvorteile zu sehen. Diese Entwicklung ist zwar noch jung, jedoch eine große Chance für deutsche Unternehmer, für ihre Lieferanten Vorbildunktion einzunehmen und gemeinsam CSR-Zertifizierungen einzuführen.
Vorbereitung: Analyse und Aufbau der Lieferkette
Zunächst gilt es, alle relevanten Lieferanten (ggf. Vor-Lieferanten) zu verorten: Wo sind sie ansässig, wo stehen die wichtigsten Werke? Danach wird die Umsetzung vorbereitet, indem Nachhaltigkeitsanforderungen definiert und eine Risikobewertung für die gesamte Lieferkette aufgestellt werden. Dies sollte ein interdisziplinäres Team mit einem Nachhaltigkeitsexperten durchführen. Empfohlene Herangehensweise:
- Handlungsbedarf je Lieferant und für die gesamte Lieferkette ermitteln, Zielzustand definieren
- Allgemeine Empfehlung zur Vermeidung von Abhängigkeit: Mindestens 1-2 Rückfalloptionen identifizieren, qualifizieren und Beziehung aufbauen.
- Mit Experten ein Projektteam und -plan aufstellen. Projektziele definieren, z.B.: mehr Transparenz in Lieferkette bringen, Lieferanten gezielter steuern, aber auch bei Compliance-Themen unterstützen. Dabei eruieren, ob und wie strategische Lieferanten-Partnerschaften möglich und zielführend sind.
- Danach werden Lieferanten anhand der entwickelten Anforderungen bewertet und die Lieferkette gemäß Zielzustand verortet.
Kritische Momente: Qualitätssicherung und Trasparenz
Auch zu vermeiden ist Leichtgläubigkeit, wenn der Ersteindruck der Muster oder eine Werksbesichtigung einwandfrei scheinen. Des Öfteren lassen Qualität, Sorgfalt oder Erfüllung der Standards nach, beispielsweise wechselt der Lieferant das Produktionswerk oder spart Kosten zulasten von Umwelt, Qualität oder Transportsicherheit. Hierüber hat der Kunde jedoch oftmals keine Transparenz.
Notwendige Ressourcen zur Zielerreichung
- Gute Analyse als Grundlage
- Starkes Team, unternehmensintern und / oder -extern (Führungskräfte, Projektleiter, Experten)
- Persönlicher Einsatz & unternehmerische Vorbild-Funktion
- Offenheit, Geduld & Flexibilität
VORBEREITUNG
- Team aufsetzen: interne Stakeholder und (meist externe) Projektleitung
- Grundlagendiskussion im Team führen: Was wollen wir erreichen?
- lExperten in Deutschland und im Produktionsland an Bord nehmen, z.B. Einkaufsspezialisten, CSR-Audit- Spezialisten
- Projektplan, -inhalt und -ziel definieren
- Förderantrag und (Co-) Finanzierung beantragen
Zeitplanung, Förderung und Partnerschaften
Um den operativen Einkauf nicht zu sehr zu belasten, arbeiten Unternehmen oft mit einem externen Gesamt-Projektleiter – je nach Fokus ein Experte für Lieferketten oder für Nachhaltigkeit. Dieser Projektleiter setzt dann die weitere benötigte Expertise (intern /extern) zusammen.
Die Bundesregierung fördert gewisse Projekte in der Lieferkette durch Co-Finanzierung, z.B. mit dem Programm DeveloPPP des Entwicklungsministeriums (BMZ). Der Nationale Aktionsplan (NAP) bietet Orientierung ebenso wie Informationsveranstaltungen und Beratungsmöglichkeiten. Die Beschaffung der Fördermittel ist oft komplex, so dass sich die Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Agentur anbietet.
ACHTUNG! KRITISCH
- Unpassende Definition von Nachhaltigkeit: Die Definition von Nachhaltigkeit muss zu den eigenen Werten und Zielen passen, ansonsten arbeitet man am Ziel vorbei.
- Zu wenig Erklärung und Diskussion: Die Kommunikation mit dem Chinesen muss sicherstellen, dass der Lieferant sämtliche Anforderungen ebenso wie etwaige Änderungen komplett versteht und der Kunde genügend Einblick in die Strukturen des Lieferanten hat.
- Unzureichende Verbindung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit: Nachhaltig wirtschaftende Lieferanten erreichen bessere Qualität, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, und weniger Risiken für den Kunden. Diese Verbindungen müssen im Einzelfall hergeleitet werden, so dass allen Beteiligten der wirtschaftliche Nutzen klar ist.
- Zu naiv: Es ist unbedingt zu prüfen, ob Lieferanten den Wert einer CSR-Initiative für sich selbst erkannt haben, effektiv unterstützen und keine Schein- Aktivitäten durchführen (z.B. Auditierung eines Vorzeigewerks, aber Produktion an einem anderen Werk)
Kriterien für eine Erfolgskontrolle
- Transparenz: Berichtet der Lieferant über seine Situation? Bekommen wir Einblicke in die vorgelagerte Lieferkette?
- Qualität der Diskussionen mit den Lieferanten: Ziehen die Unternehmer mit? Nimmt die mittlere Führungsebene das Thema an?
- Messbare Leistung der Lieferanten: Diese verbessert sich meist innerhalb 6-12 Monaten ab Einführung erster Maßnahmen
- Erreichen der Ziele, z.B. Zertifizierungen
- Fortlaufende Verbesserung: Treibt der Lieferant das Thema aktiv weiter?