Graebener positioniert sich als hochspezialisierter und serviceorientierter Partner für Produktionsanlagen und -linien von Bipolarplatten
Fabian Kapp ist Geschäftsführer des Familienunternehmens Graebener Maschinentechnik in Netphen-Werthenbach. Es beschäftigt sich mit der Entwicklung von Spezialanlagen rund um die Themen Umform-, Biege-, Fräs- und Fügetechnik. Im Geschäftsbereich Graebener Bipolar Plate Technologies liegt der Focus seit 20 Jahren auf Fertigungstechnologien im Bereich Wasserstoff, ganz speziell auf Elektrolyse und Brennstoffzelle. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung, Optimierung und Realisierung von Fertigungstechnologien für das Herzstück beider Technologien: Der metallischen Bipolarplatte.
Interview: Hans Gäng, 11 August 2023
Wie kommt es zum gegenwärtigen Schub für Wasserstoff und Brennstoffzelle, obwohl der Branche ein Elon Musk fehlt, wie Sie einmal gesagt haben?
Leider sind erst mit der jetzigen Energiekrise Wasserstoff, Elektrolyse und Brennstoffzellensysteme wieder in den Fokus gerückt – als Technologien für die Energiewende, die weit über den Pkw hinaus sehr breit in den industriellen Prozessen eingesetzt werden können.
Welche Kunden brauchen Ihr spezielles Know-how für die Fertigung von Bipolarplatten ?
Wir haben einen sehr differenzierten Kundenstanmm – natürlich OEMs, die Stack-Systeme herstellen, aber auch viele kleinere Firmen und auch Start-ups und deren Investoren, die jetzt die Möglichkeiten sehen, die Technologie in den Markt zu bringen. Mit dem absehbaren Ende des Verbrenners beschäftigen sich auch Zulieferbetriebe mit der Frage, was sie in Zukunft herstellen wollen bzw. müssen. Kunden kommen auf uns, weil sie an unserer Fertigungstechnik interessiert sind. Wir unterstützen in der Entwicklung auch Systemhersteller, die Brennstoffzellensysteme auslegen, darüber hinaus viele Institute und interessanterweise auch viele Materialhersteller, die ihre Materialien mit Blick auf die Umformbarkeit testen möchten.
Steht in der Branche nun das Thema Skalierung in der Produktion an?
Das ist sicherlich ein Henne-Ei-Problem. Noch ist Wasserstoff nicht überall verfügbar wie elektrischer Strom. Dementsprechend gestalten sich Anwendungen, die Skalierbarkeit und der industrielle Hochlauf schwieriger. Und wir müssen schauen, was im Moment weltweit und vor allem in Asien passiert. In Deutschland versuchen wir meist alles zu 110 Prozent entwickelt zu haben, bevor wir in die Anwendung gehen. Deshalb haben wir momentan einen starken Fokus auf Forschung und Entwicklung. In Japan dagegen gibt es schon jetzt sehr viele Systeme, die in den Wohnhäusern gut genutzt werden, um Warmwasser zu erzeugen und zu heizen – einfach, weil die Regierung in den letzten Jahrzehnten ganz anders an das Thema Wasserstoff herangegangen ist. In China gibt es mittlerweile sehr viele Anbieter von Fertigungstechnologien und auch Produktionslinien der Hersteller. In Europa haben wir sicherlich noch nicht die Breite oder das Volumen, wie es heute in Asien mittlerweile der Fall ist. Die Frage ist, wie schaffen wir es in Deutschland unseren innovativen Vorsprung im Markt zu halten, damit uns nicht noch einmal widerfährt, was bei der Solarenergie passiert ist?
Ist das ein Argument für gezielte Förderung und Industriepolitik?
Mittelständler in Deutschland sind komplett auf sich gestellt, neue Technologien auch von der finanziellen Seite her in den Markt zu bekommen. Wir sind keine Chip-Hersteller, die Milliardensubventionen bekommen. Graebener hat in den letzten Jahrzehnten selbst sehr viel investiert und an vielen Förderprojekten teilgenommen, um das System Brennstoffzelle und das System Elektrolyse zu verstehen. Das war tatsächlich reine Forschung und Entwicklung. Aber jetzt, wo es um die Skalierung und die Marktposition geht, ist das kein gefördertes Forschungsthema mehr, sondern ein Investitionsthema, das wir als kleiner Mittelständler alleine stemmen müssen. Angesichts der sehr großen Fördersummen, die deutschlandweit für immer weitere Forschungen ausgegeben werden, frage ich mich, ob nicht auch das Ausrollen existierender Wasserstofftechnologien in große Volumina gefördert werden sollte. Grundsätzlich geht es doch nun jetzt darum, endlich die Technologie nach vorne zu bringen. Und eben dafür sollten die Fördermittel eingesetzt werden.
Haben wir hier also noch kein “Deutschland-Tempo”?
Wir haben in Deutschland definitiv zu wenig Tempo. Einen Antrag für ein Förderprojekt einreichen, drei, vier, fünf Monate warten, bis dieser bewertet oder genehmigt ist – für Förderprogramme, die in der Regel mindestens 24 Monate, meistens 36 Monate laufen. Das braucht also drei oder vier Jahre. Das ist übrigens genau der Zeitraum, in dem China die komplette Technologie zur Herstellung von Bipolarplatten in den Markt gesetzt hat. Noch 2020 gab es dort keinen entsprechenden Anbieter – mittlerweile stehen dort 8 Fertigungslinien. Ich halte es für an der Zeit, auch in das Thema Risikokapital hineinzugeben, um finanzielle Unterstützung zu mobilisieren und die Märkte schneller aufzubauen.
Welche Perspektiven bietet hier Internationalisierung?
Wir kommen aus dem klassischen Maschinenbau, wir sind seit jeher mit unseren Großanlagen auf der ganzen Welt aktiv. Das ist also kein Neuland für uns. Wir haben in den USA eine Vertriebsgesellschaft, sind in China vertrieblich präsent. Wir haben unsere Märkte im Blick und sind weltweit auf Messen unterwegs. Wir sehen, wie wertvoll das Know-how ist, das wir uns in der Fertigungstechnik über mehrere Dekaden aufgebaut haben – gerade weil im asiatischen Markt mittlerweile sehr viele Firmen beginnen, Fertigungstechnologien anzubieten. Hier müssen wir uns im Wettbewerb behaupten und abgrenzen. Wir sind nicht nur jemand, der Maschinen abliefert. Wir haben mit unseren eigenen Maschinen auch ein Produktionslabor hier bei uns im Haus aufgebaut, mit dem wir unsere Kunden proaktiv schon sehr weit im Vorfeld unterstützen können: bei der Optimierung der Plattendesigns und in der Herstellung von Mustern und Vorstufen in kleinen Serien. Das gibt uns die Möglichkeit, Plattendesign, Prozesse und Anlagentechnologie von Anfang an kundenindividuell aufeinander abzustimmen und serienfähige Fertigungsanlagen und -linien liefern zu können. Das ist natürlich gerade im Weltmarkt sehr interessant, ein Großteil unserer Kunden kommt nicht aus Deutschland.
Kommen für Sie als Familienunternehmen Übernahmen und Kapitalbeteiligungen in Frage?
Eine legitime Frage. Natürlich gibt es Nachfrage nach unserem Know-how, auch nach den Mitarbeitern, die jede Woche von Headhuntern angerufen werden. Mir als Geschäftsführer eines Familienunternehmens ist doch daran gelegen, das Unternehmen fortzuführen. Für uns spielt hier außerdem noch etwas ganz anderes mit – die Energiewende, der Klimawandel. Hier wollen wir etwas Nachhaltiges beitragen und die Veränderung mitgestalten. Das ist es, was uns Spaß macht, was uns hier täglich antreibt und was wir nach vorne bringen wollen.
Finden Sie dafür die notwendigen Fachkräfte?
Das ist eine sehr große Herausforderung. Wir stehen hier auf dem Land im Wettbewerb mit Großkonzernen, die in attraktiven Städten sitzen. Es geht dabei auch um die Frage des möglichen Lohnniveaus. Ja, es ist schwer, jemanden zu finden mit Know-how, Erfahrung und Engagement. Wir können nur über die Universitäten versuchen, junge Leute zu bekommen und für uns zu begeistern. Ausländische Fachkräfte sind für uns leider nur selten eine Option. Zur Entwicklung unserer komplexen Fertigungstechnologien brauchen wir ein einheitliches Sprachniveau im Unternehmen. Das ist übrigens eine sehr große Herausforderung für fast alle mittelständischen Unternehmen in unserem Netzwerk.
Was bedeutet für Sie die hy-fcell?
Unser Archiv belegt, dass wir seit 2006 regelmäßig auf der hy-fcell ausgestellt haben. Zum Thema Wasserstoff sind viele andere Events aus dem Boden gestampft worden – heute könnte ich eigentlich täglich auf irgendeine Messe gehen. Die hy-fcell hat sich etabliert, weil sie ihr Thema mit einem klaren Fokus besetzt. Der Ausbau und die neuen Räumlichkeiten werden dem Markt und seinem Wachstumspotenzial gerecht. Was ich mir definitiv wünsche, ist ein noch größerer Fokus auf die Elektrolyse. Und natürlich, dass die hy-fcell auch der Politik hilft, die Nöte und Probleme der mittelständischen Unternehmen vor Ort zu verstehen.