Von Rekord zu Rekord
Unternehmen finden neue Wachstumsmärkte rund um den Erdball - Text: Ernst LeisteTrotz des sinkenden Dollar-Kurses, der Exporteuren aus dem Euro-Raum das Leben schwerer macht, weiterhin bestehender Russland-Sanktionen und weltweiter Unsicherheiten wegen des aufkeimenden Nord-Korea-Konflikts, Katalonien- Krise, Flüchtlingsproblemen und Terrorgefahr zeigen sich die deutschen Gesamtausfuhren also überaus robust. Und das, obwohl der Euro gegenüber dem US-Dollar seit Jahresanfang um über 15% an Wert gewann.
Auch die Aussichten für die nähere Zukunft sind positiv. Der IWF erwartet für 2017 und 2018 Zuwächse im Welthandel von 4,2% bzw. 4,0%. Auch die Bundesregierung zeigt sich in Anlehnung an diese Prognosen in ihrem Herbstgutachten optimistisch, denn die deutschen Exporte von Waren und Dienstleistungen sollen 2017 real um 3,5% und 2018 um weitere 4,0% zulegen.
Trio an der Weltspitze
Der medienwirksame Titel des „Exportweltmeisters“ ging zwar bereits 2008 an China verloren, doch sollte dies bei deutschen Exportleitern nicht zu großem Trübsal führen. Denn betrachtet man etwa den Indikator „Exporte pro Kopf der Bevölkerung“, sieht das Ranking wieder ganz anders aus.
Der Export bleibt damit ein Zugpferd für die deutsche Wirtschaft, fast jeder zweite in Deutschland erwirtschaftete Euro wird inzwischen durch Exportaktivitäten verdient. Zudem schafft vor allem der deutsche Mittelstand immer mehr Jobs durch gute Auslandsgeschäfte.
Gemessen am Warenhandel lag Deutschland 2016 nach Daten des WTO Secretariat mit 1.340 Mrd. $ nur an dritter Stelle der weltweit größten Exportnationen mit deutlichem Abstand zur VR China (2.098 Mrd. $) und hinter den USA (1.455 Mrd. $).
Von Bedeutung ist bei diesem Indikator, dass der „Exportweltmeister“ auf US Dollar-Basis ermittelt wird und nur der Warenhandel und nicht etwa auch Dienstleistungen erfasst werden. Durch das in letzter Zeit stark schwankende Wechselkursverhältnis des „Greenback“ zum Euro wird das Ranking der „Top-Ten“ im Welthandel erheblich beeinflusst.
Beim Außenhandelsüberschuss lag Deutschland 2016 weltweit hinter China (511 Mrd. $) an der zweiten Stelle, denn die deutsche Warenexporte übertrafen die Importe nach WTO-Zahlen um 285 Mrd. $. Dafür waren u.a. auch die schwachen Öl- und Rohstoffpreise verantwortlich.
Auch beim Export von Dienstleistungen verteidigte Deutschland 2016 mit 267 Mrd. $, hinter den USA (773 Mrd.) und dem Vereinigten Königreich (329 Mrd. $) den dritten Platz vor Frankreich und der VR China. Das Bild ändert sich allerdings komplett, wenn man den Indikator „Exporte pro Kopf der Bevölkerung“ zum Maßstab des Exporterfolges nimmt. Denn hier hängt Deutschland China und die USA klar ab.
So exportierte Deutschland 2016 pro Kopf der Bevölkerung Waren für über 16.000 US-Dollar in alle Welt, in der VR China waren es nur etwas über 1.500 $, in den USA knapp 4.500 $, aber der Abstand zu Deutschland ist doch gewaltig. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings auch bei dieser Kennziffer, denn Spitzenreiter ist hier Singapur: Der südostasiatische Stadtstaat erreichte 2016 – stark beflügelt durch die hohen Re-Exporte – einen Exportwert von knapp 59.000 $ pro Kopf der Bevölkerung.
Exportquote: Seit 1991 verdoppelt
Nach einer Neuberechnung des Statistischen Bundesamtes hat sich die Exportquote in Deutschland seit 1991 fast verdoppelt. Gegenüber dem Krisenjahr 2009 stieg der Exportanteil am BIP 2016 um über 8 Prozentpunkte auf 46,0% an. Da Deutschland traditionell mehr exportiert als importiert, steigt auch der Außenbeitrag, der Saldo zwischen Exporten und Importen von Waren und Dienstleistungen, kontinuierlich an. In Euro ausgedrückt überstiegen die deutschen Warenausfuhren die Importe in 2014 um 213 Mrd. Euro, 2015 und 2016 stieg die Außenhandelsbilanz weiter auf 244 Mrd. bzw. 252 Mrd. Euro an. International ist das immer wieder ein Grund, die deutsche Exportstärke anzuprangern.
Herausforderung Euro-Kurs
Die neuerliche Stärke des Euro bereitet deutschen Exporteuren seit Anfang 2017 einige Sorgen. Während der Euro Anfang des Jahres mit 1,03 US$ ein Mehrjahrestief erreichte und zügig Richtung Parität zum „Greenback“ steuerte, wurde inzwischen ein Zweijahreshoch von über 1,25 US$ verzeichnet, immerhin eine prozentuale Veränderung von über 15%. Dennoch stiegen die deutschen Ausfuhren in 2017 mit über 6,3% – ein Beleg mehr dafür, dass die deutsche Exportstärke vor allem auf die überaus leistungsfähigen deutschen Produkte und nur teilweise auf Währungseffekte zurückzuführen ist.
Denn Schwankungen des US-Dollars konnten deutschen Exporten selbst nach der Finanzkrise 2008, als der „Greenback“ 2008 zum Euro noch bei über 1,47 $ notierte wenig anhaben. Und nach neuen Erkenntnissen von Destatis erfolgten 2016 ohnehin nur 27,7% der Exportgeschäfte in Drittländer auf US-Dollar-Basis. Das Gros der Ausfuhren in Drittländer – 2016 immerhin noch 59,4% – wird seit Jahren in Euro abgewickelt, und auch bei den Einfuhren ist für fast die Hälfte aller Warenimporte der Euro das Zahlungsmittel.
Ernst Leiste ist Fachjournalist für Exportthemen und war bis 2015 Chefredakteur der Abteilung Marktbeobachtung der Germany Trade & Invest. Er ist Co-Autor des Exportatlas 2018.